Ich habe des kommenden Königs Kind in die Maske gespuckt.
Der wohl unbegeistertste Schnorchler aller Zeiten (ich) hat den Hochadel ins Wasser gebracht. Den Thronfolger eines europäischen Königshauses, das ich aus Personenschutzgründen an dieser Stelle nicht nenne, gelüstete es, die hiesige Unterwasserwelt zu erkunden. Und so begab er sich samt kompletter Familie, dem Kindermädchen und mir ins algengeschwängerte Nass. Es war der wohl sicherste Schnorcheltrip meines Lebens: Auf dem nur für sie gecharterten Boot saßen außer der majestätischen Familie und mir noch zwei Bodyguards. Die muntere Truppe wurde von zwei Polizeibooten eskortiert, an deren Decks Schussgeräte installiert waren. Netterweise wurde ich von einem der Sicherheitsleute, die vorab im Tross anreisten und die Lage samt Tauchplatzkarte, Boot und Captain inspizierten, an Land bereits vorgewarnt, dass ich mich nicht wundern solle, wenn die Polizei immer in unserer Nähe sei. Name und Identität der Gäste blieben bis dato geheim, und so bat ich lediglich amüsiert darum, möglichst nicht erschossen zu werden.
Ihre Hoheiten: äußerst unkompliziert, wobei die Kinder die Fische erst einmal vom Boot aus bestaunten und es schwierig war, alle überhaupt ins Wasser zu kriegen. Royale Nachzuchten sind da wie das Fußvolk: Erst begeistert tun und dann kreischen, wenn sie ins Meer sollen. Die Maske eines der Kinder beschlug trotz ausführlicher Reinspuck-Erklärung meinerseits („Das ist die einzige Situation, in der man spucken darf: in Masken“, so die Mahnung der Mutter an die Kinder, deren Wohlerzogenheit an dieser Stelle offenbar ins Wanken geriet). Und so bat der kommende König um völlig unblaublütige Klärungshilfe für die Maske seines Kindes. Ich tat, wie mir geheißen, und spuckte dem Kind die Sicht auf die Unterwasserwelt frei. Das hoheitliche Schnorchelteam: völlig begeistert in der Unterwasserwelt. Die bürgerliche Vorschnorchlerin: völlig ausgekühlt in der Unterwasserwelt. Blaublut scheint deutlich wärmender zu sein.
Beim Rückweg wurde der Thronfolger ein wenig unruhig, als wir gemütlich an der Küste entlangdümpelten und ich die künftigen Herrscher standesgemäß mit Keksen und Cola versorgte. In diesem Tempo, so merkte er an, würde es doch wohl ziemlich lange dauern, um zum Hotel zurück zu kommen? Das sei wohl richtig, bestätigte ich ihm. Schuld sei jedoch der (das erwähnte ich nicht) an dieser Stelle etwas stümperhafte Schutz seiner eigenen Very Important Person. Wir mussten nämlich auf die beiden Polizeiboote warten, deren Besatzung wir per Handy zu erreichen versuchten, um ihr mitzuteilen, dass wir längst den Schnorchelplatz verlassen hatten, was den offenbar nicht ganz so aufmerksamen Bewachern, die doch stets an unserer Seite bleiben sollten, leider entgangen war.
Am Ende: alle zufrieden. Trinkgeld gab es übrigens nicht, der europäische Hochadel scheint knapp bei Kasse zu sein. Dabei wäre ich doch schon mit einem Krönchen zufrieden gewesen. Sogar mit einem gebrauchten, ausrangierten.