Sechs Monate auf Entzug. Reiseabstinenz. Und nicht mal Fischefilmegucken wirkte auch nur ansatzweise mildernd wie Methadon. Daher musste der erste Trip nach dem trockenen Entzug auch eine Art Überdosis werden: Tauchsafari statt einzelner Tauchgänge. Wasser im Boot statt nur drum herum.
Und das kam so: Unterwegs mit einem Safariboot im Süden Ägyptens, türmte sich nächtens die eine oder andere Welle auf, um Bug und Heck zu überspülen und das Boot, stattliche 45 Meter lang und als ehemals russisches Forschungsschiff vermutlich noch rauere Gewässer gewohnt, rollen, stampfen und knarzen zu lassen. Das Holz in den Kabinen krachte aufeinander durch die Wucht der Wellen, und es rieselte so etwas wie Sägemehl in die Koje. Sonderlich standhaft schienen die Wände also nicht zu sein. Doch Sorgen machte man sicht nicht, waren doch die Rettungswesten in Reichweite.
Während des Abendessens dann (an dieser Stelle sei mitlesenden Seekränkelnden das wundersame Mittel „Dramenex“, das seinem Namen alle Ehre macht, empfohlen) rannte ein panischer Mitreisender in den Speisesaal und rief, die Augen weit aufgerissen „Water, Water!“. Die Crew, sonst durch Gemütlichkeit auffallend, rannte barfuß gen Wassereinbruch. Und siehe da: Selbiger war in der Tat recht stattlich. Die Schotten des betagten Bootes scheinen nicht mehr allzu dicht zu sein, und so krachten die Wellen am Bug nicht nur über alles, sondern auch durch die Schotten ins Boot hinein und suppten durch den Gang. Die Crew bekämpfte das Problem, indem sie den dort liegenden Teppich einrollte und dann versuchte, das Wasser in das Loch einer Bilgepumpe zu schieben. Dann mühte sie sich, die undichten Stahlschotten mit Mülltüten abzusichern.
Derweil hatte sich der panische Mitreisende in seiner Kabine umgesehen und einen Wassereinbruch festgestellt. Das tat er dann den anderen kund, die ebenfalls erkennen mussten, eine nasse Nacht vor sich zu haben: Durch die Kabinenwände drückte das Wasser nach innen.
Mit jeder Welle, die das Schiff nun hin und her schleuderte, fragte sich der Reisende als solcher, ob das laute Krachen und Gluckern nun allein das Aufschlagen der Welle an der Bordwand abbildete, oder ob es das Einreißen der Schotten und anschließende Fluten des Schiffes markierte. Oder ob nur das Klo mal wieder gluckste.
Die Nacht war kurz und schlaflos.
Muss man mal erlebt haben, und man möchte sich ja wirklich gerne einreden, dass so ein bisschen Wasser IN einem Boot nicht sonderlich viel ausmachten sollte.
Die zahlreichen Wracks anderer Safariboote, die unterwegs auf, an und unter Riffe gesehen wurden, stützen diese Theorie allerdings nur bedingt.