Es gibt einen niederländischen Rapper, der dem, was gestern geschah, sogar einen Song gewidmet hat: „Bij Playa Forti gaan we springen“ heißt es in Brainpowers Lied, das online leider nicht zu finden war auf die Schnelle. Jedenfalls wollte ich es ihm gleichtun, ließ mich hinreißen, der großen Klappe die große Klippe folgen zu lassen, und stand nun kurz vor Sonnenuntergang auf den Felsen von Playa Forti, wo ein riesiges Warnschild davon abhalten soll, sich herunterzustürzen. Zu flach das Meer, zu groß das Risiko. Lustig ist allerdings, dass das einmal im Jahr nicht zu gelten scheint, dann tragen die Einheimischen dort nämlich einen Klippenspring-Wettbewerb aus. So gefährlich kann das Ganze also nicht sein.
Da stand ich nun, 13 Meter über dem Meer, und wollte nur eins: runter. Es hinter mich bringen, um es geschafft zu haben. Kurz: Der Absprung kostete deutlich weniger Überwindung als gedacht. Der Aufprall hingegen wird noch eine Weile nachwirken; denn wie im späteren Gopro-Analysevideo bestens zu erkennen, lässt die Körperspannung im letzten Sprungdrittel doch rapide nach und ich klatsche eher in sitzender Position ins Meer als elegant gestreckt und spritzfrei. Das Steißbein rief laut „Oha“ beim Wasserkontakt, die hinteren Oberschenkel erröteten vor Scham und färbten sich am Folgetag blau.
Ich selbst: Froh, es gemacht zu haben; das bisschen Schmerz lässt sich schon verkraften, wenn man sich freut, endlich einen weiteren Punkt der „Muss ich unbedingt mal machen“-Liste abgehakt zu haben. Eigentlich stand darauf ein Sprung vom Zehner, aber ein 13-Meter-Flug ins Meer dürfte diesem schmerztechnisch gleichzusetzen sein. Nochmal brauche ich das alles aber nicht unbedingt, die blauen Flecken und das Ziehen beim Sitzen werden mich noch eine Weile an das Abenteuer erinnern.
Dabei war es die perfekte Abkühlung: Am selben Tag nämlich galt es, einen Umzug bei 35 Grad zu erledigen: Möbel aus dem einsturzgefährdeten Haus raus, über den Gartenzaun wuchten und in das nicht einsturzgefährdete, aber unfertige neue Haus reintragen. Das steht auf einem Grundstück, das sich zwei Hunde angeeignet haben. Die müssen nun noch davon überzeugt werden, dass sie jetzt das Haus mitsamt der Bewohner bewachen könnten statt nur das Grundstück vor den neuen Bewohnern.
In der türkisfarbenen Villa, bei deren Bauweise europäische Architekten vor Entsetzen zusammenbrechen würden (alle Fenster gehen nach außen auf, die Türen lassen sich mit einem Messer aufdrücken) lebt man nun ohne fließendes Wasser, dafür aber mit Fenstern, die man selbst im vermeintlich geschlossenen Zustand von außen öffnen kann, was in der kriminalitätsreichen Karibik eine Spitzenidee ist und besonders ruhigen Schlaf garantiert. Immerhin sieht man die Einbrecher schnell: Vorhänge gibt es nämlich keine. Abgesehen davon haben ohnehin noch irgendwelche mir nicht bekannten Arbeiter einen Schlüssel, und der Vermieter meinte mit unheilvollem Blick bereits: „You can’t trust anybody.“
Wäre das also geklärt, aber Abenteuer gehören ja dazu. Sonst müsste ich fürs Adrenalin wieder von irgendeiner Klippe hüpfen.