Um dem akuten Verfall durch einseitige Reisernährung entgegenzuwirken, esse ich jetzt Betonkomplex. Natürlich heißt das Zeug anders, aber ein flüchtiger Blick auf die herzallerliebste Pillenflasche ließ mich staunen.
Noch mehr staunte ich allerdings, als ich das nahrungsergänzende Zeug für weniger als einen Euro in der Apotheke, also einer Bretterbude am Straßenrand, erstand und aufschraubte. In der Flasche enthalten war ein kleiner Silica-Beutel. Das ist eines dieser Dinger, die Deutschland in Schuhkartons oder Handtaschen gepackt werden, damit die nicht feucht werden, wenn sie im Geschäft lagern. Aber direkt in Essbarem? Schwer vorstellbar. „Das hat doch ein Arzt da reingepackt, ist ja Medizin, muss also okay sein“, unkten wir im Auto angesichts des Fundes und dichteten, wie so oft, einen Song passend um :
„Just Eat It, Eat It, Eat It, Eat It
No One Wants To Be Defeated“
Balinesische Gelassenheit, here I am!
Apotheken in fernen Ländern sind mir übrigens generell sehr lieb. Man kriegt dort alles, was es zuhause nur unter Rezeptauflage zu erstehen gibt. Antibiotikum, Pille (90 Cent), Schmerzmittel der ordentlichsten Art, Paracetamol mit diversen Aufputschstoffen – was man halt so haben möchte. Und da Ärzte weniger verbreitet sind als Apotheken, schreite ich selbst zur Tat und diagnostiziere und laboriere fleißig an mir rum.
Der umgeknickte linke Knöchel beispielsweise scheint doch eher Bänderriss als -dehnung zu sein, ist schmerzlich anders als die 20 Bänderdehnungen, die ich bisher mein Eigen nennen durfte, und inzwischen auch richtig dick und schön bunt. Wobei man das ohne MRT ja nicht weiß, aber Doc C. stellte die Diagnose. Ich bandagiere fleißig und schmiere abgelaufene Creme drauf, wird schon irgendwie helfen; wirklich tun kann man ja eh nichts, und da es mit einer Karriere als professionelle Klimmzüglerin derzeit auch nicht so gut aussieht, würde ohnehin nicht operiert. Warum also ins Krankenhaus fahren, wenn man zwar humpelt, aber festgestellt hat, dass man auch einfüßig tauchen kann, allerdings nur ohne Strömung. Ich sag’s ja: Die Gelassenheit und ich sind auf dem besten Wege, richtig gute Freunde zu werden.
Die Fassung verlor ich allerdings ein wenig, als ich in der neuen Unterkunft zugange war und ein Gepiepe hörte. Vor der Tür hockte ein Küken. In Neongrün.
„Das gehört einem Kind, die werden bunt gemacht, damit sie lustiger aussehen“, erklärte man mir. Wir schnappten uns das Federtier, das prompt zu piepen aufhörte, und suchten den etwa anderthalbjährigen Besitzer, der im Staub saß und gedankenverloren mit zwei Plastikflaschen spielte. Er beförderte es wenig zimperlich in einen Korb, wo es vermutlich sitzt und fressen darf bis es geschlachtet wird.
Ich bin so naiv. Dachte ich doch, das Vieh werde mit farbstoffversetzten Körnern gefüttert, um optisch wie ein flauschiger Uranball daherzukommen. Wurde dann aber eines Besseren belehrt. „Nein, die werden angesprüht.“