Innerhalb von zweieinhalb Stunden bin ich in Singapur mehr gelaufen als in den gesamten vergangenen sechs Monaten. Angekommen, nach einer durchwachten Nacht das Gepäck im Hotel abgestellt, und dann sofort losgezogen. Das Beste: Ich habe Menschen gesehen, richtig echte Menschen. Ganz viele!
Hätte mich jemand beobachtet, so hätte er vermutlich an meinem Verstand gezweifelt. Ich bin mit einem grenzdebilen Grinsen durch Chinatown, Clarke Quay und einmal komplett um Marina Bay herum gelaufen und konnte es nicht mehr abstellen. Dazu habe ich gefühlt wirklich jeden einzelnen Wolkenkratzer fotografiert, als hätte ich noch niemals einen Wolkenkratzer gesehen.
Singapur ist perfekt gerade: sauber, organisiert, gespickt mit Kunst und toller Architektur.
Überall stehen Skulpturen, sind Bauwerke wie das Art-Science-Museum (in dem übrigens gerade eine Schau von Annie Leibovitz gezeigt wird) zu sehen. Gut gekleidete Menschen mittendrin. Kurz: Hier ist Leben. Und genau das hat mir offenbar mehr gefehlt, als ich das gemerkt habe. Okay, dass mir Menschen gefehlt haben, das hatte ich ja recht schnell gemerkt. Nichts gegen das Meer und das Tauchen. Die sind beide immer noch ganz, ganz oben. Aber rein sozial war es so, als hätte ich sechs Monate lang auf eine vergilbte, sich ablösende Fototapete gestarrt. Und jetzt hat jemand die HD-Filmversion angestellt. Mit Ton. Ach guck!
Dabei kenne ich keinen Menschen in Singapur, und so könnte man mir ja unterstellen, dass ich auf Bali immerhin ständig über meinen Sonnenmilcheinsatz dozieren konnte und damit deutlich mehr Sprechmöglichkeiten hatte als es nun hier der Fall ist. Das ist aber völlig wumpe. Bisher sprach ich nur mit Jason, dem Rezeptionisten aus Korea, der vermutlich nicht Jason heißt, sondern das nur der Einfachheit halber auf dem güldenen Namensschildchen stehen hat. Jason berichtete nach kurzer Plauderei, dass er gerne tauchen lernen würde.
Ich gab ihm Tipps, wo er den Kurs erschwinglicher erstehen kann als in Singapur. Düsseldorf und die damit verbundenen Punkte über dem „U“, die das Deutsche so unberechenbar aussprechbar machen, wie Jason findet, kannte er auch. Wegen der Fortuna, die ja mal in der Bundesliga gespielt habe. Na bitte. Und schon fühlt man sich heimisch in Singapur. Die machen das echt geschickt hier.
Tag zwei begann dann nach durchgeschlafener (sic!) Nacht in einem netten Café am Fluss, in dem außer mir nur Menschen in Joggingkleidung saßen. Generell ist Singapur eine sportliche Stadt, man ist im Zweifel mit Laufschuhen und Sporttop unauffällig angezogen. Auf den Stadtplänen sind Joggingstrecken samt Länge eingezeichnet, und ich war heute Morgen glatt versucht, meine Joggingschuhe auszupacken und so zu tun, als könne ich mitlaufen.
Kann ich aber nach einem halben Jahr Trainingsabstinenz vermutlich nicht mehr, und so startete ich in den Tag weniger schmachvoll und schwitzend: statt mit Laufschuhen mit Flipflops und mit Zeitunglesen. Das kann ich noch!
Anschließend marschierte ich, zum ersten Mal seit Monaten wieder wimpernbetuscht und dadurch erstaunlich frisch aussehend, dann erneut kilometerweise durch diese Stadt. Genoss das Leben, fotografierte andere Menschen, die komische Posen machten, auf deren Bitte hin mit ihrem iPad, gab einem Mann seine verlorene Kreditkarte zurück und erkundete Little India und die gardens by the bay. Mehr Fotos gibt es hier.