Er ist dünn geworden, der Gecko über dem Esstisch, und vermutlich hängt das mit einem optischen Problem zusammen: Sein linkes Auge ist seit einiger Zeit trübe. Einäugig fängt man keine Motten. Und so fütterte ich den Armen heute Abend mit einer Gottesanbeterin, die zuvor in meine Haare geflogen war, was zu einem kurzen Erschreckensaufschrei bei mir und zur panischen Flucht meines Sitznachbarn („It is soooo big. I don’t like the big ones!“) führte.
Mit Hilfe einer Stoffserviette drapierte ich das ebenso grüne wie ahnungslose Langbeintier also direkt vor Geckolein, das sich, schlapp und ausgehungert, nicht einmal bewegte und in diesem Fall nichts weiter zu tun hatte als zuzuschnappen. Die Gottesanbeterin war ratzfatz verspeist, und das Geckotier geckote kurz darauf achtmal, was ich als satte Danksagung deutete. Neulich bekam er schon Hühnchen kredenzt, und vielleicht mag er auch die Kakerlake, die ich eben… ach nee. Da ist jetzt zu viel Chemie drin.
Während man sich vor zu großen Gottesanbeterinnen, Kakerlaken oder auch Geckos, die dem Sitznachbarn allesamt nicht geheuer sind, fürchtet, macht anderes offenbar nichts aus. Beim Abendessen wurde, nach der Geckofütterung, munter das Blackberry einer Balinesin herumgereicht. Darauf zu sehen war das Foto einer Unfallstelle, die nur wenige Kilometer vom Esstisch entfernt ist. Ein toter Rollerfahrer, offenbar Tourist, am Boden, der zerschmetterte Roller dahinter liegend. Aktuell gemachtes Foto, das ganze Dorf spricht darüber und sendet sich die neuesten Infos. Da ich weder in den mobilen News noch auf balinesischer Straße enden will, überlege ich mir das mit dem Rollerfahren vielleicht dann doch noch mal. Allerdings wurde mir vielstimmig versichert, dass, wenn ich langsam fahre, doch nichts passieren könne. Die gutmeinenden Zuredner beachten dabei allerdings nicht, dass sich der balinesische Verkehr verhält wie das Leben an sich: Das Problem sind die anderen.