Der Mittlere Osten hat mich wieder, und er tut sein Bestes, um mir zu gefallen. Tagsüber sind es 43 Grad, dazu weht dieser starke Wind, der so vertraut ist aus dem Oman. Als halte man sich einen Fön direkt vors Gesicht; wobei der Fön Abkühlung bringen würde im Gegensatz zu diesem Wüstenwind. Es ist jene Hitze, bei der man die Metall-Armbanduhr abnehmen muss, weil sie zu heiß wird für die Haut. Bei der man, wenn man stehen bleibt, nicht mit den Zehen wackeln darf, weil sonst, falls die Zehen nicht millimetergenau wieder an ihrem vorherigen Platz herniedergehen, schmerzen, als stünde man nicht auf Flipflops, sondern auf zu heißem Sand. Das klingt alles ganz fürchterlich, aber es ist gut auszuhalten, wenngleich auch die Eltern, Hitze gegenüber nicht ansatzweise resistent, sich aus der Ferne fragen, wessen Tochter sie da in Wahrheit großgezogen haben. Woher hat sie das nur? Die Luft ist trocken und fühlt sich weich an irgendwie. Sie riecht staubig und warm und sehr vertraut. Oha, it’s Doha. Der Kalauer musste jetzt mal sein.
Außer Wärme hat die Stadt Wolkenkratzer zu bieten, diverse eisschrankkalte Shoppingmalls, in denen es so überflüssige Dinge wie Gondelstrecken und Schlittschuhbahnen gibt, ein noch zu erkundendes architektonisch offenbar großartiges Museum, einen auf alt getrimmten, recht hübschen Souk, viele gutaussehende Männer – sicherlich auch wunderschöne Frauen, da die meisten sich aber komplett verhüllen hier, ist das nicht herausfindbar – angenehm zurückhaltende Menschen und eine Daunenbettdecke. Letzteres mag man bei 34 Grad Nachttemperatur verzichtbar finden, doch das gemütlich-wohlige Knistern, das nur eine Daunendecke machen kann und das Schlaf und Ruhe und Geborgenheit suggeriert, das hat mir gefehlt. Schliefe jeder unter einer Daunendecke, wäre die Welt friedlicher. Da bin ich mir sicher. Wobei die Daunendecke an sich ja nicht speziell mit Doha daherkommt, sondern hotelinventiert und damit ortsunabhängig ist. Singapur hatte auch eine. Auch da knisterte es ganz hervorragend.
Zurück in die Wüstenstadt: Heute Morgen bin ich, innerlich noch in der Singapur-Zeitzone, die ein halbes Jahr lang die meinige war, um 4 Uhr irgendwas aufgewacht. Ein bisschen noch rumgeknistert und dann aufgestanden, weil gefühlt schon längst Tag war. Das war auch gut so, denn der Corniche-Spaziergang, der Weg über eine bogenförmige Promenade vom Hotel zur West Bay, wo die Hochhäuser stehen, ist sieben Kilometer lang, und bis auf zwei Jogger (Expats) begegnete mit niemand. Nach 7 Uhr wurde es schon recht heiß auf dieser Strecke. Da wusste ich noch nichts von 43 Grad, sondern genoss nur den Blick über die Bucht und den warmen Wind. Die Hochhaus-Stadt an sich: halt eine Hochhausstadt mit „Ich hab‘ den Längsten“-Attitüde, allerdings deutlich kleiner und irgendwie sympathischer als Dubai.
Meine Lieblingsoptik entdeckte ich bei der Suche nach einer der größten Malls. Dort, wo eine U-Bahn gebaut wird, reinigte jemand die wüstenverstaubten Scheiben des gigantischen Gebäudes, und es sah sehr sisyphosisch aus.
Die Einkaufszentren an sich interessieren mich nicht. Überall reihen sich dieselben Läden aneinander, laufen weißgewandete schöne Männer mit schwarzgewandeten vermutlich auch schönen Frauen herum. Die meisten telefonieren dabei, also die Männer. Ansonsten friert man in diesen Shoppinghallen nur. Das ist aber auch das einzige Aufregende. Zurück bin ich dann mit dem Taxi gefahren, und das ist hier so eine Sache. Taxifahrer scheinen es nicht für wichtig zu halten, sich auszukennen. Den Hotelnamen? Nie gehört. Schon der Taxifahrer, der mich vom Flughafen in die Stadt brachte, verblüffte durch Unkenntnis. Ob er das Hotel kenne? Natürlich kenne er das Hotel, versicherte er, schon losfahrend. Wie es denn wohl heiße? Es fand es nicht, ich dann aber, da ich vorrecherchierend über die Orientierungslosigkeit Bescheid wusste und mir sicherheitshalber das Hotel von außen im Internet angeguckt hatte. So entdeckte ich es dann auch, erkannt an der Fassade. Schön: Zimmer im 12. Stock mit Blick über die Corniche und auf die Wolkenkratzer gegenüber. Das super-architektonierte Museum ist ebenfalls zu sehen, und das Zimmer, allerdings ein wenig runtergerockt und leicht schmörmelig, ist größer als vermutlich meine nächste Wohnung sein wird.
Und um die FAQ-Reihe zu ergänzen: Wie ist es als Frau in einem arabischen Land? (Gerne folgend auf eine „Was hast Du vorher gemacht? – Was, Du warst im Omaaaaaaan?“-Frage): Ganz hervorragend. Keine Anmache, kein Anglotzen, keine Respektlosigkeiten. Echt jetzt. Und nein, ich brauche kein Kopftuch zu tragen.